Jordanien 2016

17/09/2016 bis 03/10/2016

17/09/2016

Amman

Mit dem Taxi kommen wir vom Flughafen zum Festpreis in die Stadt. Die abendlichen Vorstädte sind wie überall: langweilig, heruntergekommen. Der Taxifahrer bietet uns sehr zuvorkommend Zigaretten an, bevor er sich selbst eine ansteckt. Richtung Stadt wird es hügliger, dann gehen die Straßen auch schon steil bergab oder -auf. Unser Fahrer spricht kein Englisch, fängt aber nach der Bezahlung von 20 Dinar ein Palaver an. Wir denken, dass er Trinkgeld will und legen ihm noch zwei Dinar drauf. Noch mehr Aufregung, er deutet an, den Schein zu zerreißen. Meint er, wir sollten den Preis pro Kopf bezahlen? Er zeigt arabische Zahlen auf seinem Handy. Das hilft genau so gut wie das gesprochene Arabisch zuvor. Dann findet er auf der Rückseite unserer Quittung endlich eine "18", die wir lesen können. Und das ist es dann: Wir haben zu viel bezahlt und er kann nicht rausgeben. Also keine Abzocke, sondern der ehrlichste Taxifahrer aller Zeiten. Ein guter Start.

Das Hostel "Jordan Tower" ist ziemlich einfach, aber sauber. Wir machen uns frisch und brechen zu einem Spaziergang auf. Wir sind im Zentrum der Stadt, wo es zwar sehr laut aber auch schön belebt ist. Es ist nach 22 Uhr, aber alle Geschäfte haben noch offen - Samstag ist hier ja Montag. Die Gewürzstände verströmen orientalischen Flair, in kleinen Büdchen werden Falafel frittiert, die Männer tragen Tüten mit Fladenbrot, die Frauen Kopftuch. Vor einem Laden mit arabischen Süßigkeiten ist eine Schlange bis auf die Straße. Leider ist uns eher nach Herzhaftem. Das finden wir bei Hashimi, einer berühmten Falafel-Bräterei. Der Kellner ist Bayern-München Fan, das ist schnell geklärt, und die Falafel sind zurecht berühmt. Bei herrlich lauer Temperatur lassen wir es uns gut gehen. Auf dem Rückweg sehen wir noch ein paar schön gemachte Lokale, die wir uns alle für den kommenden Tag merken wollen, und sofort wieder vergessen.

18/09/2016

Die schmalen Betten sind sehr gemütlich, aber die Nacht zu kurz. Die Sonne geht im Morgenland unverschämt früh auf und der Verkehr der zwei Hauptstraßen, die unser Hotel von zwei Seiten in die Zange nehmen, ist ziemlich laut. Nur die extreme Müdigkeit, die Flugreisen mit sich bringen, hält uns bis acht im Bett.

Das Arabische Frühstück ist überraschend gut. Es gibt Hommus mit frischen Tomaten und dazu Sesamkringel und säuerlichen Frischkäse. Die Aprikosenmarmelade schmeckt wie selbstgemacht und sogar der Nescafé ist mit frischer Milch gut trinkbar. Der nette Kellner bringt eifrig alles nach, was wir verputzen.

So gestärkt wenden wir uns dem höchsten der unzähligen Hügel Ammans zu, auf dem die Ruinen der Zitadelle und des Herkulestempels stehen. Die steilen Hänge sind fast so dicht bebaut wie die brasilianischen Favelas, wobei doch alles recht ordentlich wirkt. Immer wieder verlaufen Treppen zwischen den Häusern. Denn die Straßen verlaufen oft unvorhersehbar. Man muss sich daran gewöhnen, die Straßenkarte als Topographie zu lesen: Konzentrisch verlaufene Schlangenlinien verraten die Hügel, um die sie verlaufen. Manchmal verläuft die nächste Parallelstraße 30m tiefer und um zu einem Haus in der nächsten höher gelegenen Straße zu kommen muss man den Stadtplan konsultieren, um nicht auf einem anderen Hügel zu landen. Das ist der Preis für den klassischen Charme einer Stadt, die auf Hügeln gebaut ist. Immer wieder bieten sich Blicke über diese endlose Stadt, in der jedes einzelne Haus gleicht aussieht: Unverputzte Sandsteinmauern mit Flachdach. Diese staubige Optik gibt dem Panorama, das sich hier an so vielen Stellen bietet, etwas ausgesprochen tristes. Die Graffiti-Künstler scheinen das Potenzal noch nicht für sich erschlossen zu haben.

Das Ruinengelände versprüht den Zauber alter Steinquader, den nur fantasiebegabtere Gemüter spüren. Ein Führer will uns dabei aushelfen, aber wir gehen lieber alleine. Das Highlight sind zwei ziemlich hohe römische Säulen, die noch stehen geblieben sind. Anhand der umgestürzten Exemplare kann man die Ausmaße dieser mächtigen Steine erahnen. Das große Amphitheater im angrenzenden Tal hingegen ist so gut erhalten, dass jeden Moment die Plebs eingelassen werden könnte, um sich an ein paar blutigen Kämpfen zu belustigen.

Da das heute nicht mehr auf dem Spielplan steht, ziehen wir weiter zu den Märkten: Der Obst- und Gemüse-Suq, der Haushaltswaren-Suq, der Spielzeug-Suq usw.. In einer Eismaschine lassen wir uns von einem Jungen ein köstliches Limetteneis zubereiten. Der Saft wird in die sich drehende Trommel geschüttet und mit einem Schaber nach ein paar Sekunden als Eis wieder herausgekratzt. An den Ständen mit Nüssen und Datteln gibt es erlesenes Studentenfutter mit Pistazien und verschiedensten Rosinensorten.

Im Zentrum gibt es viele Lokale und Cafés, die zum Pausieren einladen. Über ein paar steile Treppen kommen wir in ein etwas gepflegteres und ruhigeres Viertel, wo das stylische "Wild Jordan Café" toll aussehende Gerichte anbietet. Ein paar Häuser weiter ist das "Soap House" in einer alten Villa mit einer hübschen Terrasse untergebracht.

Nach mehreren Kaffeestopps und endlosen Irrwegen entlang der Hügel nehmen wir ein Taxi zur "König Abdullah Moschee". Das größte und tollste Gotteshaus der Stadt ist Ende der Achtziger gebaut worden. Die Minarette erinnern an die jugoslawischen Spomeniks und die Außengestaltung an ein Freibad. Tatsächlich gibt es auch eine Umkleidekabine, damit Heidenmädchen sich eine Kutte überwerfen können. Aber wir sind froh, dass wir am frühen Abend noch einen Blick in die leere Moschee werfen dürfen. Über dem großen Saal hängt ein gewaltiger Leuchtenkranz und der knöcheltiefe Teppich dämmt dezent das leise Schnarchen des Wärters.